Gefühlskalt und abweisend: So kennen Geli, Imke und Anne ihre Mutter Karin seit jeher. Wie anders denken die drei Frauen da an ihren Vater, dem sie ihre liebevolle Kindheit in dem schönen Haus in München zu verdanken haben. Als er stirbt, ist Imke bei ihm. Seine letzte Bitte lautet, nach einem Peter zu fahnden. Der Name sagt ihr und ihren Schwestern gar nichts. Und die Mutter, die sich nach dem Tod ihres Mannes gehen lässt, weist die Fragen ihrer mittleren Tochter ab. Doch Imke gibt sich damit nicht zufrieden und bohrt weiter.
Parallel erfahren wir in Rückblenden, wie Karins Jugend verläuft. Im Nachkriegs-München träumt sie vom Rock ’n’ Roll und trifft junge Leute. Mehr nicht. Doch denunziatorische Nachbarinnen sehen das anders: Die falsche Musik, die falsche Kleidung und falsche Freunde reichen aus, um Karins alleinerziehende Mutter anzuzeigen. Mit Unzucht, mindestens, sei da aufzuräumen. Sie verliert das Sorgerecht für ihre Kinder. Dies ist der Beginn eines Martyriums, das Karin und ihr jüngerer Bruder Peter in den folgenden Jahren erleiden müssen.
Ellen Sandberg fesselt und erschüttert mit einem Roman, der auf Tatsachen beruht. Mit Karins Schicksal thematisiert sie ein weitgehend vergessenes Kapitel der deutschen Nachkriegszeit: die Misshandlung von Kindern in Erziehungsheimen. Geprägt von großer Erzählkunst und psychologischer Meisterschaft, trägt Sandbergs Buch nun zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit diesem finsteren Thema bei.
PMS