GESCHICHTE

Empor aus der Vergessenheit

17. November 2023

Vier Bücher, die ganz unterschiedliche Menschen, ihr Leben und Wirken, der ­Vergangenheit entreißen.  

Vergessene Verdienste

Er war ein großer Forscher, und er war Nachbar von Adolf Hitler am Obersalzberg in Berchtes­gaden: Arthur Eichengrün ist das Aspirin zu verdanken; der unbrennbare Kinofilm ebenso wie der Cellon-Spannlack für Flugzeuge und Zeppeline. Ulrich Chaussy hat sich auf die Spur dieses vergessenen jüdischen Forschers und Erfinders begeben, der trotz aller Verdienste 1944 nach Theresienstadt deportiert wurde. 
 

Ulrich Chaussy
Arthur Eichengrün

Der Mann, der alles erfinden konnte, nur nicht sich selbst
Herder, 368 S., 26,– €,
ISBN 978-3-451-39216-0

Das große Ganze im Blick 

Was haben Albert Einstein und Virginia Woolf gemeinsam? Sie haben beide die Ordnung auf den Kopf gestellt: der eine mit seiner Relativitätstheorie die Physik, die andere mit ihrem Roman „The ­Waves“ die Literatur. Dieser Essay zeigt die Analogien zwischen den beiden: wie sie auf ihre Art jeweils versuchten, der Komplexität der Welt Ausdruck zu verschaffen – und so paradoxerweise ein Unsicherheitsgefühl verstärkten. 
 

Per Molander
Eine Welt aus Wellen

Übersetzt von Kristine Maidt-Zinke.
Westend, 240 S., 28,– €,
ISBN 978-3-86489-405-3

Ungelebtes Leben

Es erinnert an den berühmten Film „Der Soldat James Ryan“, nur mit noch unglücklicherem Ausgang: Reinhold Beckmann schreibt über die vier Brüder seiner Mutter, die alle im Krieg gefallen sind. In der Erinnerung und in ihren Erzählungen aber lebten die vier immer weiter. Eindringlich und berührend erzählt der Ex-TV-Moderator die Geschichte von Franz, Hans, ­Alfons, Willi und ihrer Schwester Aenne – und von den Verheerungen des Krieges im Menschen.  

Reinhold Beckmann
Aenne und ihre Brüder

Propyläen, 352 S., 26,– €,
ISBN 978-3-549-10056-1

Zwiespältiges Erbe 

Wann immer sie gehen musste, Frieda fragte nicht, wohin, und sie fragte nicht, warum. So war es, als der Zweite Weltkrieg nach Russland kam und sie in das von Deutschland besetzte Polen verschleppt wurde, und so war es später, als sie in der Verbannung schuften musste. Doch statt zu schweigen, wie viele in Russland, schafft es die Autorin Inna ­Hartwich, am Beispiel ihrer Großmutter ­diese Mauer aufzubrechen und zu zeigen, wie sich das Erbe der Gewalt in die russische Gesellschaft gefressen hat.
 

Inna Hartwich
Friedas Enkel

Frankfurter Allgemein Buch, 
224 S., 24,– €,
ISBN 978-3-96251-162-3