Überhaupt: Was Kund:innen (und ihre Wünsche) angeht, gleicht jeder Tag im Laden einer Wundertüte. Dass Langeweile aufkäme, kann ich jedenfalls nicht behaupten. Zum Verständnis scheint zu gehören, dass wir alles können, haben oder sind: Passfotos, Mietverträge, Fotokopien, öffentliche Toilette, Auskunft, Post, Wegbeschreibungen, Touristeninformation und Gault&Millau-Führer. Keine Anfrage zu wild, als dass ich sie nicht gehört hätte.
Sehr oft muss ich auch erklären, dass wir davon leben, Bücher zu verkaufen, und keine Bücherei sind – den Student:innen, die „mal kurz nur einen Paragrafen aus einem Gesetzestext abfotografieren wollen“, oder der panischen Dame am Telefon, die an einem Samstag wissen wollte, ob wir ein Backbuch von den WeightWatchers vorrätig hätten. Sie müsse wissen, ob sie statt Halbfettmargarine auch Butter benutzen dürfe. Ob ich kurz nachschauen könnte?
Und dann die Großmutter, die die „Buddenbrooks“ für den sechsjährigen Enkel kaufen möchte und die man mit Engelszungen beraten und überzeugen muss, dass dies vielleicht noch keine angemessene Lektüre sei …
Ein Kundenbesuch, der Jahre her ist, hat sich mir besonders tief und schmerzhaft eingegraben – eine Dame, die etwas für eine Teenagerin suchte und nur eine Vorgabe machte: Das Buch solle nicht zu dick sein. Das Mädchen läge im Sterben und sie möchte, dass sie noch zu Ende lesen könne.
Sie merken, Buchhändler:in zu sein, bedeutet tief im Leben zu stehen, mit all seinen Facetten, den schmerzhaften wie denen zum Schmunzeln. Und ich möchte keine Begegnung und keinen Moment davon missen. Wie kann ich Ihnen weiterhelfen? •