Kaum sei die Fußball-WM mit 60000 Zuschauern und einem Millionen-Publikum vor den Fernsehern eröffnet, rolle der Ball wieder ohne Hindernisse. Informationen über Funktionäre, katastrophale Arbeitsbedingungen und Zweifel an einer WM in der Wüste würden in den Hintergrund treten, da sich prominente Fans und Funktionäre zu Wort melden würden, das Herrscherhaus verteidigen würden und auf die Reformen in Katar verwiesen.
„Unverändert allerdings hängen Presse- und Meinungsfreiheit ab von der Gnade des Emir“, schreibt das deutsche PEN-Zentrum. Sie erinnern an zwei konkrete Fälle.
Die Brüder Ali Abu Shurayda al-Marri
Im Mai 2022 wurden die Anwälte und Brüder Hazza und Rashed bin Ali Abu Shurayda al-Marri zu lebenslanger Haft verurteilt worden, weil sie ihre Meinung frei äußerten. Ersterer kritisierte auf Twitter das neue Wahlgesetz des Emir vom November 2021, weil es seinen Stamm in Katar vor der Wahl ausschloss, und die Freilassung von Kritikern des Gesetzes gefordert. Sein Bruder wurde wiederum in Gewahrsam genommen, weil er als Anwalt Zugang zu seinem Bruder forderte. Davin berichtete die MENA Rights Group.
Ihr Prozess begann im Januar 2022 hinter verschlossenen Türen, ohne die freie Wahl eines Anwalts. Die Anklage: Gefährdung der öffentlichen Ordnung und die Sicherheit des Staates. Das Urteil im Mai 2022 lautete für beide „lebenslänglich“.
Der Fall Mohammed al-Ajami
Lebenslänglich verurteilt wurde auch der Dichter Mohammed al-Ajami alias Mohammed Ibn Al-Dheeb, denn er habe die Anwälte in ihrer Kritik mit Videos über Social Media unterstützt.
Al-Ajami war bereits im November 2011 schon wegen seiner Gedichte festgenommen worden. Die Anklage: Er habe zum Sturz des herrschenden Systems aufgerufen. Sein Pflichtverteidiger durfte sich nur schriftlich äußern. Beobachter waren beim Prozess nicht zugelassen. Das Urteil „lebenslänglich“ wurde, nach dem Besuch einer PEN-Delegation in Katar 2013, auf fünfzehn Jahre reduziert. 2016, nach vier Jahren zumeist in Isolationshaft, wurde Mohammed al-Ajami begnadigt. Im Gefängnis hatte er gedichtet:
Wer bin ich? Frag nicht die Tage nach mir -
Ich bin nichts als ein Gefangener
in einer Isolationszelle
Hier in meinem Land Unterdrückung
ist das, was uns unsere Rechte nimmt