Schauplatz Ihres Romans ist eine kleine bretonische Insel. Was verbindet Sie mit der Bretagne?
Ich habe zehn Jahre in Paris studiert und bin von dort aus immer wieder in die Bretagne gefahren. Einmal hat es mich auf die Île de Sein verschlagen, die mich zu meinem Roman inspiriert hat. Es ist eine kleine Insel, die gerade mal zwei Meter aus dem Wasser ragt. Bei stürmischem Wetter und hohen Wellen fühlt es sich an, als wäre man auf einem sinkenden Schiff.
Yann kehrt nach Jahrzehnten zurück auf seine Heimatinsel, um seinen Vater zu beerdigen, als ein mörderischer Sturm aufzieht. Ein Symbol für die Geschichte, die Sie erzählen?
Das kann man so lesen. Die feindliche Natur spielt in meinem Buch eine zentrale Rolle. Sie greift aktiv in das Leben der Figuren ein und ist als Hauptperson zu begreifen. Das Ganze mündet in eine Katastrophe und es bleibt – im wörtlichen Sinn, aber auch für die handelnden Personen – am Ende kein Stein auf dem anderen.
Ihr Roman erzählt auch davon, wie zerstörerisch Liebe sein kann – ein Thema, das Sie als Philosoph beschäftigt?
Die philosophische Grundlage meines Buchs ist die Idee Platons, dass die Liebe etwas ist, was die Menschen zwar begehren, was sie aber nie erreichen, einfach weil man Liebe nicht besitzen kann. Das Streben nach Liebe kann also auch sehr quälend sein.
„Das Gedächtnis der Insel“ ist spannend und dramatisch – hatten Sie den Roman zunächst als Thriller geplant?
Nein, mein Roman war nie als Thriller konzipiert. Was die Handlung vorantreibt, sind keine Krimielemente, sondern die inneren Beweggründe, die Leiden der handelnden Personen.