Eine rebellische junge Frau
Sympathie für den Teufel: Die Wiederentdeckung des mehr als 100 Jahre alten literarischen Selbstporträts von Mary MacLane ist ein Glanzlicht dieses Bücherfrühlings.
Sympathie für den Teufel: Die Wiederentdeckung des mehr als 100 Jahre alten literarischen Selbstporträts von Mary MacLane ist ein Glanzlicht dieses Bücherfrühlings.
Wäre ich als Mann geboren worden, hätte ich bereits einen tiefen Eindruck in der Welt hinterlassen“, schreibt die 19-jährige Mary MacLane Anfang des 20. Jahrhunderts in der öden nordamerikanischen Bergbaustadt Butte. Sie spürt, dass sie außergewöhnlich ist, seltsam und unvergleichlich, und fühlt sich doch mitten im Leben „zurückgelassen als einsames, verdammtes Ding, gefüllt mit dem roten, roten Blut des Ehrgeizes und der Lust, das aber vor Berührungen Angst hat, denn zwischen meinem empfindlichen Fleisch und den Fingern der Welt ist keine dicke Haut“.
1902 in den USA erstmals veröffentlicht, wurde dieses Porträt einer Dichterin als junge, rebellische Frau ein Sensationserfolg. Denn Mary MacLane schrieb darin ebenso poetisch wie unverblümt über ein radikales, mit allen Konventionen brechendes Begehren. Der Teufel, den sie wiederholt anruft, ist kein pferdefüßiger Dämon, sondern ein Gegenstück zu ihrem eigenen, aufbegehrenden Ich: „Ich denke ihn mir eher als eine extrem faszinierende, starke Person mit einem Willen aus Stahl, in gewöhnlichen Kleidern … genau die Art von Mann, die mein hölzernes Herz erwartet.“
Begleitet von sachkundigen Essays der Übersetzerin Ann Cotten und der Kritikerin Juliane Liebert eröffnet Mary MacLanes eindrucksvolles Buch ganz neue Blickwinkel auf die Geschichte der USA und seiner Autorinnen.
Mary MacLane (1881 – 1929) kam in Kanada zur Welt und wuchs in den USA auf. Gleich ihr erstes Buch machte sie berühmt. MacLane sorgte mit ihrem bohemehaften Lebensstil immer wieder für Skandale. Sie starb 48-jährig in Chicago.