Martina Borger: WIR HOLEN ALLES NACH

Unheimlicher Verdacht

27. März 2020

Eine Mutter zwischen Job und Familie und ein sensibler Junge, der mit Schweigen reagiert, als ihm Böses widerfährt: Martina Borger durchleuchtet den komplizierten Alltag einer Frau von heute.

Sina Poschmann hat es nicht leicht. Nach dem Scheitern ihrer Ehe musste sie ihren Sohn Elvis allein großziehen; seit Kurzem erst unterstützt sie ihr neuer Freund Torsten. Die Werbeagentur, in der sie ­arbeitet, verlangt ihren ganzen Einsatz, das Geld ist knapp, und ohne die Hilfe der Rentnerin Ellen, die sich gern um Elvis kümmert, könnte sie ihren Alltag kaum bewältigen. Dann wackelt plötzlich Sinas Job, und nach einem Ausflug mit Torsten zieht sich Elvis zurück und will nicht sagen, was ihn bedrückt. ­Ellen bemerkt die Veränderung ebenfalls – und in ihr keimt ein Verdacht …

Mit viel Einfühlungsvermögen erzählt Martina Borger von einer Frau, die sich zwischen Beruf und Familie aufreibt: Sina fühlt sich schuldig, weil sie für Elvis oft nicht da sein kann; sie weiß aber auch nicht, wie sie es anders machen soll. Ellen wiederum kämpft mit dem Altern, mit der Erkenntnis, dass sie zwar ein schönes Leben hatte, es aber einfach nicht genug war. Sie liebt Elvis und will ihm helfen, bringt damit jedoch Sinas Patchworkfamilie ungewollt in große Schwierigkeiten. All das kleidet Martina Borger in eine federleichte Prosa, in der sich die ­ganze Brisanz des modernen Frauenlebens spiegelt: die ständige Zerrissenheit zwischen Job und Kind ebenso wie die Probleme des Alterns. Ein Roman, der fesselt und bezaubert und der es schafft, große Themen klug, sensibel und sehr unterhaltsam zu behandeln. 

Martina Borger
Wir holen alles nach

Diogenes

304 S., 22 €

ISBN 9783257071306

Über die Autorin

Martina Borger geboren 1956, arbeitete als Journalistin, Dramaturgin und Filmkritikerin, bevor sie Drehbücher und später auch Romane zu schreiben begann. Sie lebt in München.