City of Girls“ lässt sich einfach überall lesen, in einer zugigen Dachkammer genauso wie an einem heißen Sommertag im Park. Bereits nach den ersten Seiten verschwindet alles rundherum und es zählt nur noch die Geschichte – nur noch die elektrisierende Atmosphäre im New York der 1940er Jahre und die Heldin Vivian, die als 19-Jährige in die Stadt der Städte kommt. Dort soll sie bei ihrer Tante wohnen, die das Lily Playhouse betreibt, ein heruntergekommenes Theater in Midtown Manhattan. Der noch unerfahrenen Vivian eröffnet sich eine neue, wunderbare Welt, und sie stürzt sich begierig mitten hinein. Schon bald ist sie im Theater für die Kostüme zuständig und freundet sich mit Celia an, dem schönsten und kühnsten Revuegirl der aktuellen Show. Die beiden beginnen die legendären Clubs der Stadt unsicher zu machen. Sie verdrehen Männern scharenweise den Kopf und lassen sich küssen, wie, wann und wo es ihnen beliebt. Dass sich für ein Mädchen ihrer gesellschaftlichen Stellung damals nichts davon schickt, ist Vivian völlig gleichgültig. Das Leben könnte nicht schöner, nicht intensiver sein, findet sie. Doch dann begeht sie einen Fehler, durch den sie alles – ihre Freunde, ihre neu gewonnene Freiheit und New York – zu verlieren droht.
Elizabeth Gilbert wäre allerdings nicht die Autorin, die sie ist, wenn sie ihre strauchelnde Heldin nach einem Fehltritt gleich à la Tolstoi ins Unglück stürzen würde. Der Roman ist aus der Perspektive der 90-jährigen Vivian erzählt, die längst gelernt hat, dass es im Leben um mehr geht als darum, keine Fehler zu machen: darum, den eigenen Weg zu gehen zum Beispiel, um Freundschaft und Liebe jenseits aller Konventionen.
Ina Grün