Zsuzsa Bánk: STERBEN IM SOMMER

Ein letzter Gruß

9. Oktober 2020

In „Sterben im Sommer“ erzählt Zsuzsa Bánk von ihrem Vater und ihrem sehr ­persönlichen Abschiednehmen. Ein berührender Roman voller Bilder und Erinnerungen, in der unnachahmlichen Sprache der Erfolgsautorin.

Der letzte gemeinsame Sommer in der alten ungarischen Heimat: weit in den Balatonsee hinausschwimmen, im Paradiesgarten sitzen und auf die Weinberge schauen, das Sommerhaus genießen mit den Möbeln der Großeltern, dem alten Porzellan, den handbestickten Tischdecken, den Erinnerungen an Kindheit und Jugend. Die Krankheit des Vaters pausiert nicht bis zum Ende der Ferien. Notaufnahme, Klinikaufenthalte in Österreich, Rücktransport, Monate des Hoffens, der Angst und Verzagtheit, Ohnmacht und Wut über den geschäftsmäßigen Klinikalltag und über allem: die übergroße Anstrengung, das Unvermeidliche hinzunehmen. 

Voller Poesie umkreist Zsuzsa Bánk die wechselvollen Gefühlszustände, bis sie mit Worten zu fassen sind, greifbar und klar, so wie die vielen Bilder der Erinnerung, die vom Leben des Vaters und der Mutter erzählen, die während des Ungarn-Aufstands 1956 in den Westen geflohen sind. Von Anekdoten aus deren Kindheit, Momentaufnahmen aus dem Familienalltag, von Lebens­freude und Lebenswillen, vom innigen Verhältnis zwischen Tochter und Vater, von verkehrten Rollen, wenn Eltern alt werden. 

Zsuzsa Bánk
Sterben im Sommer

S. Fischer,  
240 S., 22,– €,
ISBN 978-3-10-397031-9

Wie bereits in ihren preisgekrönten und gefeierten Romanen „Der Schwimmer“, „Die hellen Tage“ oder „Schlafen werden wir später“ bannt Zsuzsa Bánk auch in „Sterben im Sommer“ mit der melancholischen Sinnlichkeit ihrer Sprache, fängt Gerüche, Licht und Farben ein, webt ein Netz an Geschichten. 

Ihre Leserschaft sitzt mit ihr im Paradiesgarten, am Krankenhausbett, blickt in die Innenwelt der Tochter, die Abschied nehmen muss vom Vater, von den Gesprächen mit ihm, vom vertrauten Leben. „Sterben im Sommer“ handelt vom Abschiednehmen, ohne Schwermut zu hinterlassen. Es ist ein Roman, der vom ­Leben erzählt, berührend und sehr persönlich: „Es zählt nicht, wenn ­andere das vor uns erlebt haben und wir daran teilhatten. Es zählt, dass wir es erleben. Nur wir erleben es so, nur wir erleben es auf unsere Art“, heißt es darin. Dennoch könnte der Roman in ­seiner Erzählweise ebenso auch literarische Fiktion sein: ein bewegender ­Abschiedsgruß einer Tochter an ihren Vater, der ihn lebendig hält – geschrieben von einer großen Erzählerin. 

Anita Strecker

Über die Autorin

Zsuzsa Bánk wurde 1965 als Tochter ungarischer Eltern geboren. Sie arbeitete als Buchhändlerin und studierte anschließend Publizistik, Politikwissenschaft und Literatur.   Ihr Romandebüt „Der Schwimmer“ wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Zuletzt erschienen ihre Romane „Die hellen Tage“ und „Schlafen werden wir später“. Bánk lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Frankfurt.