Ihr Roman „Winter der Hoffnung“ spielt wieder in Altena, wo Sie aufgewachsen sind. Wie kamen Sie dazu, über die Stadt zu schreiben?
Peter Prange: Wenn es eine Region gibt, wo ich weiß, wie die Menschen denken und fühlen, dann ist das Altena. Das hängt mit dem Bettengeschäft meiner Eltern zusammen. Ich habe meinen Vater als Kind bei der Auslieferung begleitet, und kaum waren wir in den Schlafzimmern, haben die Leute intimste Geschichten erzählt. Noch heute, obwohl ich seit 40 Jahren in Tübingen lebe, ist mir die Sauerländer Mentalität näher, daher wollte ich immer über Altena schreiben. Die Frage war: Welche erzählenswerte Geschichte hat diese Stadt? Ich habe Romane geschrieben, die in Rom spielen, in Paris, in Istanbul ... und dann Altena im Sauerland? In „Unsere wunderbaren Jahre“ habe ich den Aufhänger gefunden, da erzähle ich die Geschichte der Bundesrepublik vom ersten bis zum letzten Tag der D-Mark, und die Rohlinge der D-Mark wurden in Altena produziert.
Wie reagiert man in Altena auf Ihre Romane?
Zu meinen ersten Lesungen dort kamen die Leute in Scharen, nicht wegen meiner Bücher, sondern um zu sehen, was aus dem Jungen von Betten-Prange geworden ist. Beim Schützenfest hörte ich einmal hinter mir Getuschel: „Guck mal, der Schriftsteller.“ – „Welcher Schriftsteller?“ – „Na der Sohn von Betten-Prange!“ – „Sag das doch gleich!“. Und noch eine andere schöne Anekdote aus der Heimat: Der Bürgermeister von Altena war auf einer Sitzung des Deutschen Städtetags und ein Kollege sagte zu ihm: „Altena gibt es wirklich? Ich dachte, das wäre eine Erfindung von diesem Peter Prange!“
Ihre Bücher sind bekannt für historische Genauigkeit …
Es geht mir darum, zu zeigen, wie Menschen schwierige Situationen meistern. Schwierige Situationen zeichnen sich dadurch aus, dass man die äußeren Rahmenbedingungen nicht beliebig manipulieren kann. Das erleben wir ja zurzeit unmittelbar mit der Corona-Krise: Die Realität ist, wie sie ist, und darin müssen sich meine Protagonisten beweisen. Beim Schreiben erwies es sich dann als Glück, dass man in meiner Familie offen über die Kriegs- und Nachkriegszeit gesprochen hat. So konnte ich aus dem Vollen schöpfen. Die Tanzkurse etwa, die Tommy in meinem neuen Roman organisiert, waren eine Erfindung meines Vaters. Er kam mit 21 Jahren aus dem Krieg und musste Eltern und Geschwister versorgen. Also ließ er sich etwas einfallen: Er konnte zwar nicht wirklich tanzen, aber er zog durch die Sauerländer Dörfer, brachte den Bauernjungen das bei, was er sich unter Tanzen vorstellte, und bekam dafür Lebensmittel. Diese Fähigkeit, in äußerster Verzweiflung solche Ideen zu entwickeln, finde ich sehr beeindruckend.