Große Liebe, großes Kino
Buchjournal-Kolumnistin Christine Westermann empfiehlt Lektüre abseits der aktuellen Bestsellerlisten. Lektüre, die auch das Wiederlesen lohnt. Heute: „Léon und Louise“ und „City of Girls“.
Buchjournal-Kolumnistin Christine Westermann empfiehlt Lektüre abseits der aktuellen Bestsellerlisten. Lektüre, die auch das Wiederlesen lohnt. Heute: „Léon und Louise“ und „City of Girls“.
Zehn Jahre ist es schon her, seit ich „Léon und Louise“ (dtv, 10,90 €) gelesen habe, aber an die Sache mit der Beerdigung und der Uhr, die heimlich im Sarg verschwindet, erinnere ich mich, als wäre es erst gestern gewesen.
Alex Capus’ Roman spielt in Frankreich, erzählt die Geschichte einer großen Liebe, der Kriege nichts anhaben können. Zwei Menschen, die nie zusammenleben, aber doch ein hinreißendes Liebespaar sind: Sie führen ein Doppelleben in der fröhlichen Gewissheit, dass ihre Liebe nie enden wird. Sind zum Niederknien romantisch, dabei geerdet, klar und konsequent. Und sehr komisch. Eine großartige Geschichte, bei der man nach 314 Seiten zutiefst bedauert, dass sie schon zu Ende ist. Sich heimlich wünscht, dass einem im nächsten Leben einer wie Léon begegnen möge. Oder eine wie Louise.
Einer meiner Favoriten aus dem vorigen Jahr ist „City of Girls“ (FISCHER Taschenbuch, 12,– €). Wie Elizabeth Gilbert erzählt, ist im Wortsinn großes Kino. Beim Lesen entstehen beinahe sofort Bilder, man hört, sieht, staunt. Und lacht. Die Autorin hat einen unglaublich trockenen Humor, wenn sie aus dem Leben einer jungen Frau erzählt, die in den 1940er Jahren aus der Provinz nach New York kommt. Und sie kann gleichzeitig dicht und voll Hingabe Schmerz, Scham, Verzweiflung beschreiben, ohne ein einziges Mal auf die Tränendrüse zu drücken. Irgendetwas Federleichtes schwingt nämlich immer mit im Leben dieser Vivian, allen Tragödien zum Trotz.
„City of Girls“ ist ein Roman über die Anziehung zwischen Männern und Frauen, über die Lust und das Laster, das Wünschen und das Wollen.
Ich habe die fast 500 Seiten an zwei Abenden gelesen. Dass ich mit dem Lesen einfach nicht aufhören wollte, ist vielleicht die beste Empfehlung für dieses Buch.
Christine Westermann ist Autorin und Journalistin. Sie arbeitet seit vielen Jahren für das Fernsehen und den Hörfunk des WDR, war Mitglied beim „Literarischen Quartett“ und moderierte zusammen mit Götz Alsmann die Sendung „Zimmer frei“.