Lebensklug und unterhaltsam
Unsere Kolumnistin Christine Westermann empfiehlt Lektüre abseits der aktuellen Bestsellerlisten. Lektüre, die auch das Wiederlesen lohnt. Heute: „Winter in Maine“ und „Weihnachten“.
Unsere Kolumnistin Christine Westermann empfiehlt Lektüre abseits der aktuellen Bestsellerlisten. Lektüre, die auch das Wiederlesen lohnt. Heute: „Winter in Maine“ und „Weihnachten“.
"Winter in Maine“ (btb, 208 S., 9,99 €) von Gerard Donovan erschien vor zehn Jahren. Ein Roman, bei dem es einen beständig fröstelt. Er spielt in einer Jagdhütte in den Wäldern von Maine, Julius Winsome hat sich dorthin zurückgezogen. Er lebt in der Gesellschaft von mehr als 3 000 Büchern, sein Hund Hobbes ersetzt ihm die Familie. Eines Tages wird Hobbes erschossen. Offenbar mit Absicht. Dieser Verlust ist mehr, als Julius ertragen kann, erinnert er ihn doch an das, was er schon verloren hat: die Mutter, eine große Liebe, den Anschluss an das Leben. Er holt sich aus der Scheune das Gewehr des Großvaters und … mehr darf man nicht erzählen.
Eine irre Geschichte, was Handlung und Protagonist angeht. Irre wird man auch beim Lesen. Man kann nicht anders, als große Sympathie für Julius zu empfinden, auch wenn er auf seinem Rachefeldzug völlig unschuldige Menschen umnietet. „Ein kleines Meisterwerk“, hat damals ein Kritiker über „Winter in Maine“ geschrieben. Eines jener seltenen Bücher, die lebensklug und dabei höchst unterhaltsam sind. 2011 wurde Donovans Roman in England zum Buch des Jahres gewählt. Hat man es gelesen, versteht man, warum.
Ein fröhliches Weihnachtsfest wird es mit dem zweiten Fundstück ganz sicher geben: „Weihnachten“ (DuMont, 160 S., 15,– ¤) ist ein Buch übers Essen und Trinken, über Kochen und Liebe, über Männer und Engel. Gestaltet von einem Trio infernal: Die Texte sind von Wiglaf Droste, quietschfidel und schön böse. Der Papst kriegt was aufs weiße Mützchen, den Weihnachtsmann reitet der Teufel, Engel erbrechen Zimtsterne in weitem Bogen ins Universum. Die frivolen Illustrationen kommen von Nikolaus Heidelbach, die schwäbischen Rezepte von Spitzenkoch Vincent Klink. Bei so einem „Weihnachten“ dürfte einem fröhlichen Fest nichts im Wege stehen.
Christine Westermann ist Autorin und Journalistin. Sie arbeitet seit vielen Jahren für das Fernsehen und den Hörfunk des WDR, war Mitglied beim „Literarischen Quartett“ und moderierte zusammen mit Götz Alsmann die Sendung „Zimmer frei“.