Heniek ist Automechaniker, steht kurz vor der Rente und lebt zufrieden in dem polnischen Dorf Gajerudki. Dann verlässt ihn jedoch seine Frau Beatka und Heniek weiß nicht einmal, warum. Zuvor hat er ihr noch mehrere Schönheitsoperationen bezahlt, dafür sein geliebtes Auto verkauft und eingewilligt, dass sie als Saisonarbeiterin nach Holland geht. Aber Beatka kehrt nicht mehr zurück, und Heniek gibt der EU und den offenen Grenzen die Schuld.
Sein Freund Andrzej überredet ihn, Beatka in den Niederlanden zu suchen, und so machen sich die beiden auf den Weg – im Mercedes eines Kunden, den Tank aus Geldmangel mit Speiseöl befüllt. Als der Wagen die Kollision mit einem Reh nicht überlebt, setzen die beiden Polen ihre Reise zu Fuß fort, quer durch Deutschland, ohne Geld und ohne Sprachkenntnisse, aber mit viel Entschlossenheit.
In einer mal spritzig-leichten, mal tiefgründigen Prosa erzählt Konrad Bogusław Bach von einer kuriosen Reise. Heniek und Andrzej sprengen eine Nazihütte im Wald, sie nerven einen Priester in Berlin, bis er ihnen eine Mitfahrmöglichkeit organisiert, und sie klauen Essen auf Campingplätzen: „Menschen sind doch bereit zu teilen, zumindest, wenn sie es nicht bemerken.“
Dabei durchleuchtet Bach nicht nur die Gegenwart, sondern auch die polnische Vergangenheit: Er erzählt vom Geschachere um eine Straßenwalze, von Andrzejs Organisationstalent, das ihm im Kommunismus zu Wohlstand verhalf, von Henieks Sehnsucht nach einer scheinbar unkomplizierteren Zeit: „Früher war es noch einfach gewesen: Was kommunistisch, ausländisch und insbesondere russisch war, war schlecht, was polnisch und katholisch war, war gut. Und wer regierte, hatte nur im Sinn, sich selbst zu bereichern.“
So klingt der begeisternde Debütroman eines Autors, der selbst zwischen den Kulturen daheim ist: Geboren in Polen, wuchs Bach in Hannover auf, studierte Theologie, Philologie, Theaterwissenschaft und Drehbuch. Heute lebt er an der deutsch-polnischen Grenze, arbeitet als Lateinlehrer, schreibt Texte und erdenkt pfiffige Aphorismen: „Was den Ballon am meisten aufbläht, ist heiße Luft.“
Diese Fähigkeit, Gedanken kurz und eingängig zu formulieren, durchzieht auch seinen Roman: ein Schelmenstück, das Unterhaltung und Tiefgang verbindet und in dem nicht zuletzt ein polnischer Wisent eine zwar kleine, aber wichtige Rolle spielt.
Ein scharfsinniges und zugleich amüsantes Buch, das Lust macht auf mehr: Von Konrad Bogusław Bach darf man noch sehr viel erwarten.
Irene Binal