Eine Begegnung

Nicolas ist ein Bücherkind. Er hibbelt herum, springt vom Sofa, klettert wieder auf das Sofa, kann kaum einmal Ruhe bewahren. Aber sobald Bücher ins Spiel kommen, wird er ganz ruhig. Dann will er nur noch still liegen und zuhören. „Lies doch, lies doch!“, sagt er in jede kleine Pause hinein, wenn ihm jemand nur schnell mal durchs Haar strubbeln oder eine kurze Frage stellen will. Und wenn jemand zur Kinderzimmertür hereinkommt und das Vorlesen unterbricht, wird ­diese Person gern und nachdrücklich mit einem an- und abschwellenden „Geh doch! Geh doch!“ wieder hinausgescheucht.

Ich bin gespannt, ob der Vorlesebär SAMi und seine Geschichten Nicolas auch so in Bann ziehen können. „Paw Patrol“, ruft er entzückt, als er das erste der beiden SAMi-Vorlesebücher in meinen Händen entdeckt, und tanzt begeistert um mich herum. „Die Fellfreunde“ sind zurzeit seine absoluten Lieblingshelden. Erst danach bemerkt er SAMi. Er dreht und wendet ihn und untersucht ihn gründlich. „Ich mag Eisbären“, sagt er. Das liegt auch daran, dass sein Lieblingsstofftier ein Eisbär ist, und der darf ebenfalls zuhören, als SAMi uns mit allen Hörspielraffinessen „Die Jagd nach dem Gold“ vorliest. Es ist eine dieser „Paw ­Patrol“-Geschichten, deren Zauber Erwachsenen meist entgeht, die Kinder aber euphorisiert. Auch Nicolas fiebert mit, als die „Paw Patrol“-Hunde mit ihren Baggerschaufeln und starken Greifarmen eine Menge Goldnuggets schürfen, die der selbstsüchtige Bürgermeister Besserwisser ihnen mit seinen gerissenen Chaos-Kätzchen abzujagen versucht. Natürlich hat er gegen die pfiffigen Welpen keine Chance.

Als die Geschichte zu Ende ist, will Nicolas gleich die nächste anhören. Haben wir beim ersten Mal SAMi noch gemeinsam ans Buch gesteckt, gelingt ihm das bei „Der größte Schatz der Welt“ schon allein. Und dann freut er sich über jede Seite, die er umschlagen darf. Er kann es gar nicht fassen, dass auf diese Weise er es ist, der SAMi zum Sprechen bringt. Er blättert vor und wieder zurück und wieder vor und wieder zurück. So dauert es eine Weile, bis wir schließlich erfahren, dass die Mutter des kleinen Affenjungen Mono sich nicht nach Gold und Diamanten sehnt, sondern mit Mono schon den allergrößten Schatz in ihren Armen hält. Nicolas lauscht gebannt – und er ist stolz. Er, der am liebsten alles „alleine, alleine“ macht und davon träumt, endlich selbst lesen zu können, ist plötzlich nicht mehr darauf angewiesen, dass ihm die Erwachsenen etwas vorlesen. Mit SAMis Hilfe kann er es endlich tatsächlich „alleine, alleine“.

Der kleine Eisbär mit dem blauen Schal ­erscheint ihm wie ein Zauberwesen, das eigens dazu da ist, ihm seine Wünsche zu erfüllen. Er ahnt ja nicht, dass dabei eine ausgeklügelte Technik im Spiel ist: dass sich etwa in der Tasse des Bären eine Kamera verbirgt, die den Code der einzelnen Seiten erkennt. Und er weiß nicht, dass ­SAMis Stimme ­eigentlich die von Sprecher Sascha Rotermund ist und dass sie auch deshalb so besonders warm und volltönend klingt, weil sie aus ­einem exzellenten Lautsprecher kommt. Einmal auf das rechte Eis­bärenöhrchen tippen und schon wird die Stimme lauter; links tippen und sie wird leiser. Auch das macht Nicolas einen Heidenspaß.

Ich erzähle ihm, dass es noch eine Menge weiterer Bücher gibt, die SAMi ihm vorlesen könnte. „SAMi: Neue Freunde im Dschungelkindergarten“ zum Beispiel, „Hier kommt Doktor Do!“ oder „Peppa Pig“, und ständig kommen neue dazu. Sogar ein weiteres Abenteuer mit den „Paw Patrol“-Welpen gibt es bereits, auf das Nicolas sich besonders freut. Er erzählt es gleich seinem Teddy, der es auch kaum noch erwarten kann. 

Es sieht so aus, als wäre SAMi aus dem Kinderzimmer bald nicht mehr wegzudenken. Wir müssen uns vermutlich darauf einstellen, dass wir von nun an immer mal wieder ein nachdrückliches „Geh doch, geh doch!“ zu hören bekommen, wenn SAMi und Nicolas gerade wieder „alleine, alleine“ etwas zusammen lesen.